Unternehmer und Experte für moderne Führung Thomas Pütter im Interview
Über Bücher, Vorträge, Podcasts, Blogs und Beratungen haben Thomas Pütter und seine Mitstreiter:innen von „DENK NEU – Agentur für Unternehmensentwicklung“ mehr als 180.000 Unternehmer:innen und Führungskräfte erreicht. In seiner Keynote beim Kongress „Innovatives Management“ am 8. November 2022 in Lübeck wird er auf die schlechte Stimmung in Teilen der öffentlichen Verwaltung und auf Maßnahmen, mit denen gegengesteuert werden kann, eingehen.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe dafür, dass die öffentliche Verwaltung Probleme beim Gewinnen und Halten von Mitarbeiter:innen hat?
Zweieinhalb Jahre Pandemie, jetzt der Krieg in der Ukraine und die Sorgen wegen der Inflation, dazu weltweit zunehmend Dürren, Hochwasser und andere Katastrophen – all die ganzen Dinge nehmen die Leute ja wahr. Nach meiner Meinung sind die Mitarbeiter:innen alleine dadurch dünnhäutiger und unsicherer geworden. Die Menschen kommen nun zu der Erkenntnis, dass Sicherheit eine Illusion ist, dass es sie auch in der öffentlichen Verwaltung nicht mehr in dem Maß wie früher gibt.
Ein weiterer Faktor ist das Phänomen der „Great Resignation“, der Welle freiwilliger Kündigungen. Sie führt dazu, dass die Dagebliebenen, die noch nicht wegen psychischer Erkrankungen ausgefallen sind, die Arbeit der anderen mitmachen müssen.
Hinzu kommt eine junge Generation, die im Homeoffice oder mobil arbeiten möchte und die auf einmal das alte Modell von Arbeit hinterfragt. Ist es noch zeitgemäß, dass wir alle in Vollzeit 40 Stunden arbeiten?
Welche Rolle können Führungskräfte spielen, um die Situation zu verbessern?
Die entscheidende! Um die Menschen emotional mitnehmen zu können, brauchen wir komplett neue Führungsskills. Das klassische Rollenverständnis ist ja so: Der oder die Vorgesetzte ist der Chef oder die Chefin! Er oder sie versteht sich als Ratgeber:in und/oder Ansager:in und/oder fachliche:n Expert:in. Sie oder er praktiziert Führung, wenn Zeit dazu ist – meistens ist aber keine Zeit da. Also ist die Führung nicht strategisch und nicht systematisch. Die neue Führung beinhaltet ein ganz neues Rollenverständnis, in dem Führungskräfte in die Coach-Rolle wechseln können, um so zu führen, dass Mitarbeiter:innen eine eigene Lösung entwickeln. Die Fachkräfte müssen Change-Agents werden, um viele Veränderungen in immer kürzerer Zeit unfallfrei hinzubekommen.