Entwickler-Blog · Bengi Haid · 13.09.18

Was haben Kartoffeln mit Requirements Engineering zu tun?

Neulich an einem Nachmittag besuchten uns Geschäftspartner an unserem Standort in Lübeck. Wir wollten uns natürlich gut auf das Gespräch vorbereiten und einen klaren Kopf bekommen. Also war die Idee, einfach gemeinsam Mittag zu essen.

Was Software-Entwickler von Kartoffel-Restaurants lernen können

Die Entscheidung der Lokalität war schnell gefallen: Es sollte zu unserem Lieblings-Kartoffel-Restaurant gehen. Angekommen am Tresen bestellte ich die Kartoffelvariante "Aphrodite ohne Zwiebeln" - schließlich wollte ich später in der Besprechung nicht nach Zwiebeln riechen. Die Kollegen hatten ähnliche Gedanken und bestellten das Gleiche.

Nach wenigen Minuten kamen auch schon unsere leckeren Kartoffeln. "Hmm? Aber was riecht hier denn so komisch?", fragten wir uns. Es roch nach Knoblauch, aber schmeckte nicht danach. Völlig irritiert fragten wir nach und der Übeltäter war schnell gefunden: Ein Knoblauchöl wurde zum Aromatisieren des Gerichts darübergestreut.

Was war hier genau passiert?

Was braucht der Kunde?

Ein Gericht, das nicht stark riecht.

Was sagt der Kunde?

"Ohne Zwiebeln".

Was hat der Kunde bekommen?

Ein Gericht ohne Zwiebeln aber mit Knoblauchöl.

Was ist schiefgelaufen?

Der Kunde geht davon aus, dass er das Produkt kennt. Er teilt aber die Begründung seiner Anforderung nicht mit.

Hätte der Lieferant nachfragen sollen, warum ohne Zwiebeln?

Jain! Beim Kartoffelessen kann die Frage etwas aufdringlich wirken. Aber bei Softwareanforderungen durch Kunden hätte der Hersteller nachfragen müssen.

Folgende Gründe kann es geben, warum Nachfragen hilfreich sein kann:

1. Die Herausforderung zwischen Mensch und Maschine bleibt immer noch bestehen, egal wie die Technik sich weiterentwickelt. Bei der Ermittlung von Anforderungen sollte man sich immer auf das Problem konzentrieren.

2. Langjährige Benutzer gehen davon aus, dass sie das System kennen und wissen, wie es besser laufen könnte. Jedoch sollten die Rollen Benutzer und Designer oder Entwickler klar voneinander getrennt werden. Ohne ein tief zugrunde liegendes Verständnis der verwendeten Technologie führen solche Diskussionen oft nicht zum erwünschten Ziel.

3. Menschen sagen das eine und machen dann das andere. Unsere Motive sind uns nicht immer bewusst. Selbsteinschätzungen liegen schnell mal daneben. Deswegen muss die Motivation der Handlungen der einzelnen Individuen ermittelt werden (vgl. Praxisbuch Usability und UX, J.Jacobsen, L. Meyer, 2017).

An dem Nachmittag gab es dann eine Runde Pfefferminzbonbons für alle und dem Termin stand nichts mehr im Wege.

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