Digitales Krisenmanagement: Hausaufgaben nicht gemacht
Hinter die Kulissen von Krisen konnten die Teilnehmer:innen mit Krisenforscher Frank Roselieb blicken, geschäftsführender Direktor und Sprecher beim Krisennavigator – Institut für Krisenforschung. Für den Umgang mit der Pandemie – gerade im Digitalen – fand Roselieb kritische Worte: „Deutschland hat in der Vergangenheit seine Hausaufgaben beim digitalen Krisenmanagement nicht gemacht.“ So hätten beispielsweise Dänemark und Schweden bereits 2004 während der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean ihre Bürger:innen vor Ort per SMS kontaktiert. In diesem Jahr habe Irland gezeigt, dass eine Corona-App auch für 800.000 Euro erstellt werde könne, während in Deutschland 60 Millionen Euro ausgegeben wurden.
Die konstruktive Seite der Krise
Praxis trifft auf Wissenschaft – so lässt sich die Zusammensetzung der Podiumsdiskussion zusammenfassen. Zum Thema „Die konstruktive Seite der Krise: die öffentliche Verwaltung im Aufwind“ debattierten Holger Lehmann, Leiter des Leitungsstabs beim Informationstechnikzentrum des Bundes (ITZBund), Andreas Brohm, Bürgermeister von Tangerhütte, Rosa Thoneick, Stadtforscherin und Journalistin sowie Constantin Alexander, Dozent und Forscher für nachhaltige Stadtentwicklung. Christiane Stein, Moderatorin bei n-tv, führte durch die Diskussion, die lebhafte Beweise für Fortschritt und Wandel in Gesellschaft und Verwaltung durch Corona lieferte. In Tangerhütte hat es die Verwaltung um Andreas Brohm beispielsweise geschafft, kurz nach Beginn des Lockdowns, ein digitales Bürgerkonto anzubieten, über das die Einwohner:innen Dienstleistungen der Stadt online nutzen können. Und das ITZBund stand vor der Herausforderung, die Website des Robert-Koch-Instituts (RKI) für den millionenfachen Ansturm auf die Informationsangebote des RKI technisch zu meistern. Rosa Thoneick stellt fest: „Die Digitalisierung hat durch Corona einen großen Push bekommen. Das ist da und geht auch nicht wieder weg.“ Welche Potenziale die Digitalisierung auch jenseits der aktuellen Krise hat, betonte Constantin Alexander. Ohne die digitale Technik sei beispielsweise die Klimakrise nicht in den Griff zu bekommen.
Digitalisierung als Versöhnung der Disziplinen
Auf welche Weise Verwaltungen mittels Digitallaboren an Projekten zur Digitalisierung arbeiten, machten Christian Rupp, CIO des Joint Innovation Labs sowie der MACH AG, und Ernst Bürger, Ministerialdirigent im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, deutlich. Für Ernst Bürger ist einer der Vorteile eines Digitallabors: „Die Hierarchie wird an der Tür abgeben, es zählt nur die gute Idee.“ Denn die Digitalisierung bedeute die Versöhnung von unterschiedlichen Disziplinen. Bürger: „Mit diesen neuen Formaten können wir außerdem viel schneller zu Ergebnissen kommen.“ Christian Rupp hob die Vielzahl der unterschiedlichen Digitallabore in Deutschland hervor. Zudem verwies er auf eine Erkenntnis aus der Zusammenkunft der Europäischen Digitallabore am Tag zuvor: „An Digital first kommt keiner mehr vorbei.“