Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen in Zeiten von Homeoffice und mobiler Arbeit zunehmend. Ein dienstliches Telefonat mit dem Chef nach Feierabend oder noch eine schnelle Mail an die Kollegin – Verwaltungsmitarbeiter:innen erleben diese Situation immer häufiger. Nach dem Willen der höchsten Richter:innen der Europäischen Union (EU) zählen diese Tätigkeiten zur Arbeitszeit und müssen entsprechend dokumentiert werden.
Im Mai 2019 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil mit großer Tragweite für Beschäftigte, Unternehmen und den öffentlichen Dienst. Der Beschluss: Staaten der EU müssen Arbeitgeber – und damit auch den öffentlichen Dienst – verpflichten, ein "objektives, verlässliches und zugängliches System" zur Messung der geleisteten täglichen Arbeitszeit einzuführen. Solche Systeme seien erforderlich, um die geleisteten Stunden und ihre zeitliche Verteilung sowie die Zahl der Überstunden zu ermitteln.
Bislang sei es laut EuGH aufgrund fehlender Systeme sowie der noch nicht umgesetzten Verpflichtung zur Zeiterfassung für Arbeitnehmer:innen äußerst schwierig oder gar unmöglich, ihre Rechte durchzusetzen. Jeder Beschäftigte habe jedoch ein Grundrecht auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten, so das Urteil.
Die Umsetzung der Pflicht zur systematischen Erfassung der Arbeits- und Ruhezeiten wird jedes Land der EU eigenständig regeln. Deutschland hat seine Gesetze bisher noch nicht an das EuGH-Urteil angepasst. Das Gericht legte nicht fest, bis wann die Staaten eigene Regelungen erlassen müssen. Öffentliche Arbeitgeber sind dennoch gut beraten, sich jetzt mit diesem Thema zu befassen.