News · 09.12.19

OZG: Mit kurzem Draht in die Kommunen

575 Leistungen in 3 Jahren – die Umsetzung des OZG stellt vor allem die Kommunen vor eine gigantische Herausforderung. Das ist nur mit viel Tatkraft und guter Kooperation aller Beteiligten zu schaffen. Die Landesregierung Bayern setzt auf kurze Wege.

„OZG-Umsetzung – wie gehen Sie vor?“ Die Antwort auf diese Frage interessierte überdurchschnittlich viele Teilnehmer:innen des Kongresses Innovatives Management 2019. Die Anmeldungen zur Themenwerkstatt „OZG: 575 Leistungen in 3 Jahren! Morgen eine Entlastung für die Verwaltungen. Heute ein Mammutprojekt – das Kooperation verlangt“ überstiegen die Kapazitäten bei weitem. Der Grund liegt auf der Hand: Die Zeit drängt, betroffene Behörden suchen Leuchtturmprojekte für ihr eigenes Vorgehen.

Die Werkstatt unter der Leitung von Carolin Stimmelmayr wurde kurzerhand umgestaltet zu einer Frage-Antwort-Session. Ihr Bericht aus dem Bayerischen Staatsministerium für Digitales führte deutlich vor Augen: Eine gehörige Portion Pragmatismus und sogar ein gewisses Improvisationstalent sind unerlässlich, um die nötigen PS auf die Straße zu bringen.

Mit jedem Gespräch ein Stück näher an der Umsetzung

Carolin Stimmelmayr bespricht Herausforderungen des OZGs im Workshop

Bekenntnis zum Handeln

Es ist ein Mammutprojekt, das nur gemeinsam gestemmt werden kann: die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, kurz OZG. Und wieder ist es Bayern, das in Sachen Digitalisierung Fakten schafft. Als erstes Bundesland hat der Freistaat das Thema institutionalisiert und ein "Staatsministerium für Digitales" geschaffen. Damit verdeutlicht die bayerische Landesregierung gleich mehrere Aspekte des digitalen Wandels: die Vielfalt der Aufgaben, die hohe Priorität und die Dringlichkeit des Themas. Es ist ein klares Bekenntnis zum Handeln.

In Bayern steht ein Name für dieses Bekenntnis: Judith Gerlach. Die junge Ministerin hat es geschafft, ein Haus aufzubauen, in dem Menschen arbeiten, die bereit sind, anzupacken. Und Aufbauarbeit ist buchstäblich gemeint; zu Beginn werden Tische geschleppt, Stühle gestapelt und Rollcontainer geschoben, um das Haus einzurichten und die notwendigen Strukturen zu schaffen. Nach einem Jahr treibt das Minsterium von Staatsministerin Judith Gerlach die Digitalisierung Bayerns voran. Herzstück ihres Tuns: die Umsetzung des OZG.

An den Anfang stellte sie die Priorisierung: Das Ministerium priorisierte die Leistungen und erbat von den Ressorts und Kommunen als eigentlichen Service-Anbietern ein erstes Feedback - so entstand eine engere Auswahl aus dem Leistungskatalog. 50 Top-Verwaltungsservices wurden identifiziert und in Einzelprozesse heruntergebrochen, immerhin rund 600 Prozesse, die schnellstmöglich verfügbar sein sollten. Einen ähnlichen Weg beschreitet derzeit die Hansestadt Bremen: Hier werden die Unternehmen nach ihren Top-10-Verwaltungsleistungen gefragt, die als erstes umgesetzt oder optimiert werden sollen.

Zugang über das Bayernportal

In Bayern erhalten die Bürger:innen den Zugang zu den Leistungen über das Bayernportal, ein gemeinsames Frontend, das je nach Eingabe und Anforderung in die zuständige Kommune verlinkt. Das Portal ist als Minimal Viable Product (MVP) angelegt, das sukzessive weiter ausgebaut wird. In Digitallabors wird getestet und verprobt, was online gehen soll und kann. Zum pragmatischen Ansatz passt auch der Verzicht auf einen einheitlichen Auftritt. Da viele Kommunen längst eine eigene Markenidentität haben mit Eigendarstellungen auf Homepages, im Stadtmarketing oder bei Projektpartnern, war eine durchgängige Optik im Portal schlicht illusorisch. Die Kommunen präsentieren sich daher in ihrem eigenem „Look“. So ist das Bayernportal zwar eher Sammelbecken als Schmelztiegel, aber es läuft.

Nicht alles geht sofort

Die Teilnehmer:innen des Workshops attestieren den gesetzlichen Vorgaben und Umsetzungsfristen eine forcierende Wirkung, erkennen darin klare Beschleuniger. Der Druck hilft, Fakten zu schaffen – bringt aber auch Nachteile. Beispielsweise sind viele Prozesse noch nicht optimiert. Stattdessen werden Vorgehensweisen teilweise 1:1 aus der analogen Welt in die digitale übertragen. Ein klares Defizit, der knappen Zeit geschuldet – und auch die Ästhetik und Nuterzorientierung leiden noch, so die Vortragende: „Ich will schöne Online-Dienste! Wenn ich schon die Chance habe, das zu optimieren, dann können wir das doch endlich anwenderfreundlich und verständlich machen. Da will ich nicht die alten, grauen Blätter wiedersehen.“ Dieser Anspruch auf „effizienter und besser“ soll im zweiten Schritt in den Fokus rücken.

„Datenschutz ist in der Verwaltung standard und nicht das Thema. Datensicherheit – darum müssen wir uns kümmern!“

Carolin Stimmelmayr Referatsleiterin Digitale Verwaltung, OZG und Identitätsmanagement, Bayerisches Staatsministerium für Digitales

Menschen machen den Unterschied

Klar wird auch: Vieles hängt an Personen; an Menschen, die mitziehen und gestalten; an Ressourcen, die zur Verfügung gestellt werden. Ein funktionierendes Veränderungsmanagement ist ebenfalls wünschenswert, aber bei weitem nicht überall verfügbar. Außerdem absolut unerlässlich: die enge Kooperation mit den Kommunen, schon aufgrund der Anforderung, die unterschiedlichen dahinterliegenden Fachverfahren anzubinden. Und was ist mit dem Datenschutz? Der darf nicht als Vorwand betrachtet werden, so die Referentin: „Jeder, der googelt, ist komplett transparent! Sie machen sich ja keinen Begriff, was sich alles in kürzester Zeit über Sie herausfinden lässt; wie gläsern wir alle sind. Datenschutz ist in der Verwaltung standard und nicht das Thema. Datensicherheit – darum müssen wir uns kümmern!“

Fazit

Die tatkräftige Beamtin hat mitgerissen und beeindruckt, die teilweise überraschten Reaktionen ihrer Zuhörer:innen zeigten deutlich: Stimmelmayrs zupackende Art ist besonders, ihre Haltung ungewohnt pragmatisch. Die Botschaft war ebenso klar: Es lässt sich doch viel bewegen. Aber man muss dafür schwer anpacken.

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